Bundesgerichtshof

Honorarärzte dürfen keine Chefarzt-Rechnung stellen

Chefärzte dürfen sich bei der "Wahlleistung Chefarzt" vertreten lassen, aber nicht von jedem Arzt. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, lesen Sie hier.
Oktober 2020

Nur angestellte Ärzte in leitender Position und mit einer Qualifikation, die über den Facharztstandard hinausgeht, kommen im Krankenhaus als Wahlärzte in Betracht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil erneut klargestellt (III ZR 325/17 vom 10.01.2019).

Honorarärzte sind dagegen nicht befugt, die sogenannte „Chefarztbehandlung“ in Rechnung zu stellen. Das bedeutet, dass für die ärztlichen Leistungen neben der DRG-Pauschale, in der ärztliche Leistungen bereits einkalkuliert sind, keine zusätzliche Arzt-Vergütung gefordert werden darf. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Krankenhausentgeltgesetz und dient dem Schutz des Patienten.

Zitat aus dem Urteil: Ein Patient schließe eine Wahlleistungsvereinbarung „im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die (auch) darin zum Ausdruck kommen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehat“. Extra vergütet werde also die „herausgehobene ärztliche Qualifikation“ in Abgrenzung zum ohnehin geschuldeten „Facharztstandard“.

Dieser „Chefarztstandard“ sei bei Honorarärzten nicht von vornherein gegeben.

Chefarzt ist, wer Chefarzt-Standard garantiert

Des Weiteren begründen die Richter, warum die Abrechnung einer Chefarzt-Behandlung durch Honorarärzte generell unzulässig ist, wie folgt:

Sie bestätigen ein älteres BGH-Urteil, wonach das Krankenhausentgeltgesetz den Kreis der abrechnungsberechtigten Wahlärzte – die sogenannte „Wahlarztkette“ – abschließend definiert: Eine Chefarztbehandlung abrechnen dürfen „alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses … einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses“.

Honorarärzte fallen nicht unter diese Definition. Denn sie erbringen aufgrund eines Dienstvertrages ihre Leistungen für den Krankenhausträger, ohne bei diesem angestellt zu sein. Sie dürfen daher weder selbst eine Honorarvereinbarung mit den Patienten abschließen noch in der Wahlarztvereinbarung des Krankenhauses als Wahlarzt benannt sein. Solche Vereinbarungen sind gemäß § 134 BGB nichtig; gegebenenfalls dennoch vorgenommene Zahlungen können zurückverlangt werden.

Leistungen von Honorarärzten gehören auch nicht zu den im Gesetz genannten „Leistungen von Ärzten außerhalb des Krankenhauses“. Denn Honorarärzte arbeiten nicht auf Veranlassung eines „richtigen“ Wahlarztes, sondern planmäßig „als Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers mit den von diesem bereit gestellten Ressourcen“ – so das Gericht.

Wie kann man wissen, ob ein Arzt als Wahlarzt („Chefarzt“) abrechnen darf?

Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an den Chefarztstandard noch nicht abschließend definiert. Die Betonung der „herausgehobenen ärztlichen Qualifikation“ durch die Richter deutet aber darauf hin, dass infrage kommende Ärzte über eine objektiv überprüfbare, über den Facharztstandard hinausgehende Qualifikation verfügen müssen. Chefarztbehandlung bedeutet für den Patienten, sich über den Facharztstandard hinaus, der bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen ohnehin geschuldet ist, die Leistungen hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zusätzliches Entgelt hinzuzukaufen. Nur diese herausgehobene ärztliche Qualifikation rechtfertigt ein zusätzliches Entgelt.

Der BGH knüpft die besonders hervorgehobene Qualifikation des Wahlarztes auch an die Leitungsfunktion im Krankenhaus („leitender Abteilungsarzt“). Ausschlaggebend dafür sind der zeitliche Mindestumfang seiner Tätigkeit und die im Arbeitsvertrag geregelten besonderen Dienstaufgaben.

Ein leitender Abteilungsarzt muss schließlich auch kurzfristige Entscheidungen treffen können und in der Lage sein, die Leitung der Abteilung tatsächlich auszuüben. Rechtsprechung und Literatur gehen daher davon aus, dass er zumindest eine halbe Stelle (d. h. mindestens 20 Stunden) innehaben muss.