Behandlungskosten

Bundesgerichtshof bestätigt PKV-Haltung gegenüber Privatkliniken

Allgemeine Krankenhausleistungen sind nach gesetzlichen Fallpauschalen zu berechnen. Nicht alle Privatkliniken sind von dieser Regelung ausgenommen.
Oktober 2018
Figur der Justitia

Allgemeine Krankenhausleistungen sind nach gesetzlichen Fallpauschalen zu berechnen. An diese Preisgrenze sind auch Privatkliniken gebunden, die mit einem öffentlichen Krankenhaus organisatorisch verbunden sind.

In den vergangenen Jahren hat die ARCUS Sportklinik in Pforzheim zahlreiche Versicherte und PKV-Unternehmen verklagt. Diese hatten die Rechtmäßigkeit der Klinikpreise bestritten und deshalb die Rechnungen nur teilweise beglichen. Nachdem nahezu alle Gerichte der Vorinstanz zugunsten der PKV entschieden hatten, ist schließlich ein Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt worden. Auch der BGH stimmte der Einschätzung der PKV zu: Als „verbundene“ Privatklinik ist die ARCUS Sportklinik an die gesetzliche Preisobergrenze gebunden. Deshalb darf sie ihre Preise nicht frei festlegen.

Welche Kosten erstattet die PKV bei stationärer Behandlung?

Wenn Privatversicherte stationär behandelt werden, rechnen öffentliche Krankenhäuser (sog. Plankrankenhäuser) die allgemeinen Leistungen wie bei gesetzlich Versicherten ab: über Fallpauschalen. Weitere Informationen zur Abrechnung allgemeiner Krankenhausleistungen Die private Krankenversicherung überweist die Fallpauschalen und ggf. die Kosten für eine gesonderte Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer in der Regel direkt an das Krankenhaus (zum Beispiel über die Card für Privatversicherte), so dass der Versicherte sich um nichts Weiteres kümmern muss. Lediglich für Chefarztbehandlungen erhalten Privatpatienten eine Extra-Rechnung, sofern sie diese Wahlleistung mit dem Krankenhaus vereinbart haben. Wenn die Versicherten die Rechnungen bei ihrer PKV einreichen, erstattet diese die Rechnungen vertragsgemäß.

Für reine Privatkliniken gelten andere Regeln. Sie sind nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vom Pflegesatzrecht der öffentlichen Krankenhäuser ausgenommen. Deshalb können sie die allgemeinen Krankenhausleistungen zwar über Fallpauschalen abrechnen, sie dürfen aber ihre Preise auch im Rahmen des bürgerlichen Rechts frei vereinbaren. Diese Ausnahme betrifft jedoch nicht Privatklinken, die mit einem benachbarten öffentlichen Krankenhaus organisatorisch verbunden sind.

Was hat es mit verbundenen Privatkliniken auf sich?

Um Einschränkungen in ihrer Preisgestaltung zu vermeiden, suchten nach Einführung der Fallpauschalen im Jahr 2004 viele Krankenhäuser einen Ausweg. So wurden an zahlreichen Standorten öffentlicher Krankenhäuser parallel Privatkliniken installiert. Meistens geschah dies, indem eine Station oder ein Bettenbereich aus dem öffentlichen Krankenhaus ausgegründet und formal in ein eigenes Privatklinik-Unternehmen umgewandelt wurde. In Unterscheidung zum „Haupthaus“ genossen Privatpatienten in den ausgegründeten Privatkliniken zwar besonderen Service und Komfort (so wie sonst bei der Wahlleistung Unterkunft), die medizinischen Leistungen waren jedoch identisch. Während Privatpatienten in Plankrankenhäusern nur für Chefarztbehandlung und Unterbringung im Ein- bzw. Zweibettzimmer extra zahlen müssen, verlangten die ausgegründeten Kliniken komplett frei gestaltete, sprich höhere Preise – auch für medizinische Leistungen (sog. allgemeine Krankenhausleistungen).

Dieser Vorgehensweise zulasten der Versicherten hat der Gesetzgeber 2012 mit § 17 Absatz 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) einen Riegel vorgeschoben. Seitdem gilt für stationäre Einrichtungen, die in räumlicher Nähe zu einem öffentlichen Krankenhaus liegen und mit diesem verbunden sind, bei der Abrechnung von allgemeinen Krankenhausleistungen dieselbe Preisobergrenze wie für öffentliche Krankenhäuser.

Der Streitfall: Ausgründung oder nicht?

Obwohl die gesetzliche Regelung aus PKV-Sicht eindeutig ist, wurde sie von der ARCUS Sportklinik jahrelang nicht umgesetzt. Diese vertrat auch in dem vom BGH entschiedenen Fall den Standpunkt, dass sie keiner Entgeltbindung unterliege. Ihre Sicht begründete die Klinik damit, dass sie mit dem benachbarten öffentlichen Krankenhaus („Plankrankenhaus“) nicht organisatorisch verbunden sei und keine räumliche Nähe bestehe. Zudem sei die Privatklinik auch nicht aus dem Plankrankenhaus ausgegründet worden, sondern beide Kliniken seien gleichzeitig an dem jetzigen Standort errichtet worden.

Der BGH widersprach der Klinik in allen drei Punkten. Gemeinsamer Internetauftritt, in Teilen gemeinsame Nutzung von Räumen und Einrichtungen sowie Ärzte, die in beiden Kliniken tätig sind: Das und weitere Punkte sprechen für eine organisatorische Verbundenheit. Die Privatklinik befindet sich zudem nach Feststellung des BGH in räumlicher Nähe zum Plankrankenhaus. Schließlich teilte der BGH auch bezüglich der zeitlichen Abfolge die Auffassung der PKV: Ob das Plankrankenhaus oder die Privatklinik zuerst besteht oder beide Kliniken gleichzeitig gegründet werden, ist nach dem Gesetzeszweck irrelevant. In allen diesen Konstellationen muss der Patient vor überhöhten Entgelten geschützt werden. Wie schon das Bundesverfassungsgericht zuvor hat auch der BGH den § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG im Übrigen für verfassungskonform erachtet.

Die höchstrichterliche Entscheidung ist ein Sieg für alle Privatversicherten. Es sollen letztlich für Privatpatienten keine finanziellen Nachteile dadurch entstehen, dass zur Gewinnoptimierung Doppelstrukturen geschaffen werden und Privatpatienten in Privatkliniken verlagert werden können, die anders als öffentliche Krankenhäuser nicht der gesetzlichen Qualitätssicherung unterliegen.