Was ist der Notlagentarif?

April 2020

Der Notlagentarif ist ein Sozialtarif für Privatversicherte, die ihren Beitrag vorübergehend nicht zahlen können. Er wurde im Sommer 2013 per Gesetz eingeführt. Aufgrund des sehr geringen Beitrags von ungefähr 100 Euro im Monat ermöglicht er es den Betroffenen, ihre Beitragsschulden schneller zurückzuzahlen bzw. weniger neue Schulden anzusammeln.

Wer mit seinen PKV-Beiträgen im Rückstand ist, kann sich natürlich jederzeit an seinen Versicherer wenden. Sobald die Höhe der Schulden zwei Monatsbeiträge erreicht hat, kommt allerdings ein gesetzlich festgelegtes Verfahren in Gang. Das PKV-Unternehmen schickt eine Mahnung und prüft, ob die Schulden zwei Monate danach auf maximal einen Monatsbeitrag gesunken sind. Falls nein, schickt es eine zweite Mahnung hinterher.

Sind die Schulden einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung noch immer höher als ein Monatsbeitrag, so ist der Versicherte ab dem ersten Tag des Folgemonats automatisch im Notlagentarif versichert. Das Gesetz spricht in diesem Fall von einem „ruhenden Vertrag“. Unabhängig davon kann das Versicherungsunternehmen wie jeder andere Gläubiger auch Schulden einklagen und Vollstreckungsmaßnahmen einleiten (z. B. eine Pfändung).

Welche Leistungen gibt es im Notlagentarif?

Die Leistungen im Notlagentarif beschränken sich – mit Ausnahme von Kindern und Jugendlichen – auf die Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Solange der Vertrag ruht, erhalten die Versicherten also nur stark eingeschränkte Leistungen verglichen mit PKV-Normaltarifen.

Hatten die Versicherten im alten Tarif eine Card für Privatversicherte, dürfen sie diese im Notlagentarif nicht mehr verwenden. Außerdem kann das PKV-Unternehmen verlangen, dass etwaige Zusatzversicherungen ebenfalls ruhen. Der Notlagentarif ist verbandseinheitlich, der Versicherungsumfang also bei allen PKV-Unternehmen gleich.

Wie berechnet sich der Beitrag im Notlagentarif?

Der Notlagentarif ist bewusst so gestaltet, dass der Beitrag sehr niedrig ist. Deshalb sind nicht nur die Tarifleistungen auf das Nötigste beschränkt, sondern der Tarif baut auch keine eigenen Alterungsrückstellungen auf. Dadurch entfällt die PKV-typische finanzielle Vorsorge fürs Alter, wodurch ein zusätzlicher Anreiz besteht, schnell in den alten Tarif zurückzukehren.

Jedes PKV-Unternehmen kalkuliert zunächst einen einheitlichen Beitrag für den Notlagentarif. Auf diesen Beitrag rechnet es die im alten Tarif gebildeten Alterungsrückstellungen der säumigen Versicherten an. Bis zu 25 Prozent des Monatsbeitrags dürfen aus den Alterungsrückstellungen finanziert werden. Aus diesem Grund gibt es letztlich keinen einheitlichen Zahlbeitrag für alle Versicherten im Notlagentarif.

Für beihilfekonforme Tarife gibt es den Notlagentarif in einer anteiligen Variante, Näheres regelt das Versicherungsvertragsgesetz in §193 Abs. 7. Der Notlagentarif ist auch arbeitgeberzuschussfähig, wodurch sich der Eigenbeitrag für Arbeitnehmer zusätzlich verringert. Säumniszuschläge für Schulden fallen auch im Notlagentarif weiter an.

Wann endet der Notlagentarif?

Hat ein Versicherter oder eine Versicherte im Notlagentarif alle Rückstände beglichen (Versicherungsbeiträge, Säumniszuschläge und Mahnkosten), so erfolgt automatisch ab dem ersten Tag des übernächsten Monats der Rückwechsel in den ursprünglichen Tarif.

Übrigens: Wer hilfebedürftig im Sinne des Sozialrechts wird – also Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung hat – muss weder in den Notlagentarif wechseln noch in diesem bleiben. Sobald ein Nachweis der finanziellen Hilfebedürftigkeit erfolgt, endet nach gesetzlicher Vorgabe das Ruhen des Vertrags. Die Hilfebedürftige erhalten dann vom Staat einen Zuschuss zu ihrem Versicherungsbeitrag und können in den Basistarif wechseln.

Ausführliche Informationen über den Notlagentarif enthält auch die Broschüre Alternativen in jeder Lebenslage - Optionen für PKV-Versicherte.